Skandal beim Entzug von G20-Akkreditierungen: Das Innenministerium antwortet (?)

Die schier endlose Geschichte um den Entzug von Akkreditierungen für Journalisten beim G20-Gipfel im Juli in Hamburg ist um etliche Varianten und Entschuldigungsversuche des Bundesinnenministeriums reicher. Nachdem tagesschau.de am (heutigen) 30. August weitere Hintergründe und vor allem brutal falsche und vermutlich illegal gespeicherte Daten beim Bundeskriminalamt öffentlich gemacht hatte, reagierte das Bundesinnenministerium am selben Tag in der Bundespressekonferenz – mit umfassenden Rechtfertigungsversuchen. Kurz gefasst: Die Datenqualität beim BKA sei ein Problem, weil es keine einheitliche Datenbank gebe, es wurden falsche Daten von den Ländern übermittelt oder von der Justiz gar nicht erst geliefert…

Die Abschrift der Pressekonferenz liegt noch nicht vor; zum Nachhören schon mal der Audio-Mitschnitt von Tilo Jungs Jung&Naiv. Innenministeriumssprecher Tobias Plate beginnt bei Minute 24:00 in der Aufzeichnung:

 

Nachtrag: Hier die Abschrift aus der Bundespressekonferenz:

Plate: Es gab heute noch einmal in einem größeren Nachrichtenportal im Internet einen umfangreichen Bericht zum Thema G20-Akkreditierung. Wir haben dazu zwar schon sehr viel gesagt, auch in diesem Raum, aber da mir offensichtlich angesichts dieser Berichterstattung ein gewisses Interesse überbracht worden ist, will ich das nutzen, um noch einmal ein paar Dinge aktiv dazu zu sagen.

Das BMI hat in diesem Raum schon vorgetragen, dass die Geschehnisse rund um den G20-Gipfel insgesamt sorgfältig nachbereitet werden und dass selbstverständlich auch der Komplex Akkreditierung dazugehört. Ich möchte sagen, dass wir derzeit sicher von vier von 32 Journalisten ausgehen, bei denen bei nachträglicher Betrachtung der Entzug der Akkreditierung nicht hätte erfolgen dürfen. Es gibt auch verdichtete Hinweise – das ist bislang nicht ganz abgesichert -, dass jedenfalls ein weiterer Fall noch dazukommen wird. Das vielleicht zunächst zur Größenordnung.

Das ist natürlich für die Betroffenen inakzeptabel. Es ist auch so, dass das BMI das sehr bedauert. Das genügt auch nicht unserem Anspruch. Ich will aber auch sagen: Bei keinem dieser Fälle liegt der Fehler bisher beim BKA selbst, sondern bei anderen Behörden, bei denen die Verantwortung für zugelieferte beziehungsweise fehlerhaft nicht zugelieferte Daten lag. Das soll das überhaupt nicht verharmlosen, ist aber, glaube ich, zum Gesamtverständnis der Komplexität des Problems im Verbund vieler Bundes- und Landessicherheitsbehörden wichtig.

Das BMI hatte hier im Raum bereits ausgeführt, dass die laufende Auswertung eben schon darauf hindeutet, dass es im Bereich Datenqualität Handlungsbedarf gibt. Das ist hier im Raum schon gesagt worden, ich wiederhole es trotzdem gerne. Ich will aber auch sagen: Wegen der komplexen und noch nicht abgeschlossenen Aufarbeitung lässt sich heute noch abschließend umreißen, wo der Handlungsbedarf im Einzelnen liegen wird. Das können verschiedene Punkte sein. Denn es ist so, dass man schon jetzt sieht: Die Gründe für die Fehler, die es definitiv gab, sind in den bekannten Fällen eigentlich ziemlich unterschiedlich. Sie reichen von einer Personenverwechslung über eine zu Unrecht unterbliebene Löschung bis hin, jedenfalls mutmaßlich, zu einem von der Justiz nicht zugelieferten Freispruch.

Daran kann man schon sehen: Es gibt eigentlich kein einheitliches Fehlermuster. Es ist bislang kein einheitliches strukturelles Problem zu erkennen. Dennoch nimmt der Bundesinnenminister das Thema der Datenqualität sehr ernst und hat eine gründliche Aufarbeitung angeordnet.

Ich will aber auch sagen: Das Thema der Datenqualität ist eines, dem sich der Bundesinnenminister nicht erst seit den Ereignissen rund um den G20-Gipfel und die Akkreditierungsentzüge widmet. Das neue BKA-Gesetz und das vom Bundesinnenminister angestoßene Programm „Polizei 2020“ werden bewirken, dass die IT-Systeme der Polizeien stärker vereinheitlicht werden und wir dadurch zu einer besseren Datenqualität kommen. Auf diese Weise wird zum Beispiel schneller und besser erkennbar, ob gegen dieselbe Person in zwei verschiedenen Ländern Ermittlungsverfahren geführt werden.

Künftig werden insbesondere Personalien nur noch einmal gespeichert, sodass etwa Personenverwechslungen auch besser als bisher ausgeschlossen werden können. Die IT-Landschaft des BKA wird umgebaut von einer Struktur gut gepflegter, aber verschiedener Datentöpfe zu einer hochmodernen und einheitlichen IT-Architektur. Wenn eine beschuldigte Person freigesprochen wird, die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen sie abgelehnt wird oder das Verfahren dauerhaft eingestellt wird, ist eine Speicherung im Informationssystem des BKA definitiv unzulässig. Sie ist dann unzulässig, wenn sich aus der Entscheidung ergibt, dass die betroffene Person das nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Gespeicherte Daten sind dann zu löschen. Das setzt aber voraus, dass die speichernde Polizeidienststelle beziehungsweise das BKA Kenntnis von dem entsprechenden Ausgang des Strafverfahrens hat. Das ist trotz eigentlich bestehender Benachrichtigungspflichten leider nicht immer durchgängig der Fall.

Lösungen dieses Problems, etwa im Wege einer automatisierten Datenübermittlung durch die Justiz, werden schon länger gemeinsam mit der Justizseite vorbereitet. Einen wichtigen Beitrag soll hierbei die Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen leisten. Entgegen der landläufigen Vermutung ist es nämlich so, dass unrichtige Datenbestände nicht im Interesse der Polizeibehörden sind und die Polizeiarbeit nicht erleichtern, sondern erschweren.

Frage: Herr Plate, Sie haben jetzt über die Einzelfälle gesprochen. In der Berichterstattung ging es aber darum, dass es weitaus mehr Probleme in den Datenbanken oder fehlerhafte Einträge gibt, als nur diese Einzelfälle. Wie sind denn da Ihre Erkenntnisse? Was können Sie bestätigen?

Plate: Im Wesentlichen beziehen Sie sich wahrscheinlich auf einen ziemlichen alten Vorgang, der schon einige Jahre alt ist. Er ist, soweit ich das oberflächlich in der Kürze der Zeit nachprüfen konnte, richtig wiedergegeben. Dabei ging es um Löschungen in Datenbeständen beim BKA, die nach einer Untersuchung des BfDI letzten Endes veranlasst und auch durchgeführt worden sind. Dieser ältere Vorgang – ich glaube, das war 2012 oder 2013; ich müsste das noch einmal nachschauen – ist zutreffend wiedergegeben.

Darüber hinaus kann ich nur sagen, dass wir uns vielleicht nicht am Anfang, aber jedenfalls noch nicht am Ende eines größeren Prozesses befinden, der sich mit der Datenqualität befasst, aber nicht nur in sicherheitsbehördlichen Datenbanken, sondern, ehrlich gesagt, auch noch deutlich darüber hinaus. Es gab auch schon hier in diesem Raum sowie im politischen Raum Diskussionen über Datenqualität, so zum Beispiel des Ausländerzentralregisters. Sie wissen wahrscheinlich, weil ich das relativ ausführlich vorgetragen habe, dass es auch dort einen Prozess gibt, zu einem ganz anderen Niveau an Datenqualität zu kommen.

Die Sache ist bloß die: Viele der Datenbanken in der Bundesrepublik Deutschland sind so, dass sehr viele Stellen zuliefern. Natürlich ist es so, dass jedenfalls abstrakt eine höhere Fehlerwahrscheinlichkeit gegeben ist, wenn es viele zuliefernde und datenpflegende Stellen gibt, als wenn es eine zentrale datenpflegende und dateneinspeichernde Stelle gibt. Das ist sicherlich ein Thema. Das wird ein Thema sein, das uns, ehrlich gesagt – da bin ich ganz sicher -, einige Jahre beschäftigen wird. Da sind wir dran. Aber ich kann hier seriös keine schnellen Lösungen dafür versprechen. Das ist ein Thema, bei dem wirklich Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht. Wir haben gesehen, dass es Datenbestände gibt, mit denen wir eine Menge anfangen können. Aber wir wollen so viel damit anfangen können wie möglich. Damit sind nicht zusätzliche Befugnisse gemeint, sondern damit ist Zuverlässigkeit gemeint. Das ist aber in einem föderalen Staat eine Aufgabe, an der viele Akteure beteiligt sind und die Zeit braucht.

Zusatzfrage: Durch die Berichterstattung wird jetzt deutlich, wo Probleme liegen. Wenn ich mich jetzt in die Rolle eines Ermittlers in Zeiten von Terror und Bedrohung versetze, dann muss man sich ja schon über diese Defizite wundern, weil man dann auch davon ausgehen muss, nicht so arbeiten zu können, wie man eigentlich arbeiten wollte. Warum erst jetzt? Warum so spät?

Plate: Nicht erst jetzt, will ich an der Stelle gleich sagen. Ich habe das eigentlich schon gesagt, aber ich wiederhole es gerne noch einmal: Das Thema der Datenqualität steht bei uns schon eine ganze Weile im Fokus. Aber das ist eben nicht so einfach.

Für diejenigen, die es nicht mehr genau wissen: Der Bundesinnenminister hat das Projekt „Polizei 2020“ auf der BKA-Herbsttagung 2016 angekündigt. Die Vorarbeiten vor einer solchen Ankündigung gehen, wie Sie sich vorstellen können, noch wesentlich länger zurück. Das ist ein hochkomplexes, anspruchsvolles Riesen-IT-Projekt. Es ist eben nicht so, dass man auf einen Knopf drücken kann und dann ist alles praktisch anders beziehungsweise die Anhebung auf eine nächste Qualitätsstufe ist mit einem Knopfdruck erfolgt. Das ist ein Großprojekt. Es ist ein Riesenerfolg, dass es dem Bundesinnenminister gelungen ist, die Zustimmung aller Länder zu diesem Projekt zu bekommen, obwohl es, ehrlich gesagt, eines ist, das sehr stark alle Länder betrifft. Es ist eines, das sich bereits in der Umsetzung befindet. Das ist aber nicht in wenigen Tagen erfolgt.

Frage: Herr Plate, ich komme auch noch einmal zu der Frage, warum nicht früher gehandelt wurde. Die Warnung der Datenschützer – Sie haben selbst auf 2012 hingewiesen, auf die damalige Fallprüfung – findet sich in jedem Tätigkeitsbericht, auch die Warnung davor, dass die Unschuldsvermutung durch die Art und Weise, auf die auch Fälle, die nicht zu einer rechtskräftigen Verurteilung geführt haben, weiterhin gespeichert bleiben können, umgedreht wird, wenn die Negativprognose, die gefordert ist, nicht in jedem Einzelfall gesichert ist oder – umgekehrt – in den meisten Fällen nicht vorhanden ist. Warum hat das nicht zu konkreten und auch schnellen Sofortmaßnahmen geführt, wenn die Datenschützerinnen oder Datenschützer sagen „Moment, hier gibt es erhebliche Einträge, die ohne Negativprognose erhalten geblieben sind; hier muss gehandelt werden“? Wo ist die Aktivität?

Plate: Wenn Sie nach Sofortmaßnahmen fragen: Sie haben ja selbst in Ihrem Bericht sehr richtig dargestellt, dass es, als 2012 oder 2013 eine deutlich zu große Zahl unrichtiger Datensätze aufgefallen ist, dann sofort zur Löschung gekommen ist. Das ist eine Sofortmaßnahme, die sich, glaube ich, ziemlich zielgerichtet auf das stützte, wo das Problem lag.

Was das dahinter liegende, mögliche strukturelle Problem angeht, habe ich ja bereits eigentlich ziemlich ausführlich – ich glaube, sogar mehrmals – gesagt, dass die Arbeiten daran mitnichten erst jetzt beginnen, sondern dass sie schon ziemlich lange voranschreiten. Ich hatte gerade auch in meinem aktiven Vortrag erwähnt, dass es ein nicht unerhebliches Problem ist, dass Rückmeldungen von der Justiz über ausgegangene Strafverfahren häufig unterbleiben. Dort ist ja bereits die elektronische Akte in Strafsachen im Projektstadium und in Vorbereitung. All diese Dinge sind ja nicht heute oder unmittelbar nach dem Entzug der G20-Akkreditierungen aus der Taufe gehoben worden, sondern das sind Arbeiten, die viele, viele Monate und zum Teil mehrere Jahre zurückreichen.

Es ist eben so, dass es bezüglich solcher strukturellen Fragen keine Sofortmaßnahmen gibt. Eine Sofortmaßnahme kann nur sein, mit etwas zu beginnen, und das ist geschehen. Aber die Ergebnisse dauern eben; das ist so. Es sind viele Akteure beteiligt. Es sind teilweise Investitionen in IT von verschiedenen Akteuren verschiedener Ebenen geleistet worden. Das ist ein Prozess, in dem man alle Akteure mitnehmen muss, um zu einem nicht nur guten, sondern sehr guten und zuverlässigen Ergebnis zu kommen, damit man die Arbeit von Sicherheitsbehörden auf die bestmögliche Grundlage stützen kann. Aber das geht eben nicht von heute auf morgen.

Zusatzfrage: Ich verstehe, dass nicht sozusagen alles, was schiefläuft, innerhalb weniger Wochen oder Monate umgedreht werden kann. Trotzdem haben wir den Befund, dass in den wirklich großen Fallgruppen, also denen hinsichtlich der inneren Sicherheit, im Moment 110 000 Personen mit 1,15 Millionen Datensätzen über Delikte gespeichert sind, obwohl es im ganzen letzten Jahr überhaupt nur 42 000 Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität gab. Das ist also ein Faktor 27 als Differenz. Es gibt im Bereich der Rauschgiftkriminalität 700 000 Personen, die da gespeichert sind. Da ist doch prima facie erkennbar, dass es unendlich viel mehr Personen und Delikte oder Deliktvorgänge gibt, die da gespeichert sind, als es überhaupt Straftaten gab. Wenn man außerdem noch weiß, dass auch in den Statistiken viele Einträge zum Beispiel zu Rauschgift bis in die 80er-Jahre zurückgehen, dann muss doch sofort erkennbar sein, dass da etwas nicht stimmt. Warum ist die Zahl in den letzten Jahren gewachsen und nicht zumindest erst einmal sozusagen stabilisiert worden?

Plate: Sofort erkennbar, wie Sie sagen, ist das eben nicht. Vielleicht ist es für Sie sofort erkennbar, aber dann haben Sie sozusagen einen analytischen Wissensvorsprung, den die Sicherheitsbehörden nicht haben. Aber so eine einfache Rechnung, wie Sie sie anstellen – ich will sie nicht Milchmädchenrechnung nennen -, kann man eben nicht vornehmen.

Erstens ist es so, dass bestimmte Dinge länger als nur ein Jahr gespeichert sein dürfen, und deshalb lässt sich allein aus dem Umstand, dass in einem Jahr X weniger Straftaten – von mir aus auch deutlich weniger Straftaten – begangen worden sind, als in diesen Dateien gespeichert wurde, letztlich seriös überhaupt keine Aussage ableiten. Richtig ist aber natürlich, dass man sich das anschauen muss; das brauche ich, glaube ich, nicht zu wiederholen, weil ich es ja schon gesagt habe.

Dazu, wieso die Datenmengen angewachsen sind, kann ich Ihnen jetzt, ehrlich gesagt, von der Bank aus keine vertiefte Analyse anbieten. Das wäre, glaube ich, auch unseriös. Ich will mich gerne noch einmal darüber schlaumachen, was man dazu sagen kann, aber es erscheint mir nicht besonders fernliegend, wenn ich ehrlich bin, dass auch ein Anwachsen von Daten erfolgt ist, das in den letzten Jahren, glaube ich, auch wenn ich es jetzt nicht nachgerechnet habe, prozentual im eher überschaubaren Rahmen erfolgt ist. Die Zahlen, die Sie gerade genannt haben, sind richtig. Ich glaube, wir haben Sie Ihnen auch geliefert.

Im Übrigen weiß ich jetzt, ehrlich gesagt, gar nicht, was ich dem, was ich schon gesagt habe, noch hinzufügen kann, es sei denn, ich habe etwas Konkretes von Ihnen vergessen. Dann sagen Sie es gleich noch einmal.

Zusatz: Ich verstehe, dass es mehr als 42 500 Einträge gibt, weil es auch Einträge aus früheren Jahren gibt. Aber ein Faktor 27 erscheint mir und auch den Juristen, mit denen ich gesprochen habe, prima facie nicht plausibel und nicht nachvollziehbar. Wenn es der Faktor 10 gewesen wäre, hätte man das auf zehn Jahre zurückrechnen können, aber für einen Faktor 27 muss es doch eine Erklärung geben.

Plate: Ja, noch einmal: Ich nehme gerne zur Kenntnis, dass das für Sie nicht nachvollziehbar ist. Ich kann Ihnen – das will ich gerne einräumen – hier von der Bank aus nicht sofort eine Erklärung dafür anbieten, da ich jetzt gerade erstmals von Ihnen mit diesem Zahlenverhältnis konfrontiert werde. Das war auch nicht Teil der Vorbereitung, die ich für diese Sitzung gewissenhaft unternommen habe. Ich werde dem gerne noch einmal nachgehen.

Ich will aber auch sagen, wenn Sie sagen, Juristen, mit denen Sie gesprochen haben, sei das nicht plausibel: Zuerst einmal gibt es viele Juristen, wenn ich das so sagen darf, und zweitens ist das keine juristische Frage. Die Frage, wieso sich diese Zahl so stark entwickelt hat, ist eigentlich in erster Linie eine mathematische Frage, möglicherweise eine kriminologische, aber keine juristische Frage. Insofern kann man, glaube ich, allein daraus, dass Sie mit Juristen gesprochen haben, die das nicht nachvollziehen können, wie Sie es ebenso nicht können, ehrlich gesagt, nicht besonders viel ableiten.

Frage : Herr Plate, ich erinnere mich noch daran, dass der Minister die Neufassung des BKA-Gesetzes vorgestellt hat, damit verbunden eben auch die IT-Projekte und die, sagen wir einmal, Abschaffung der Verbunddateien im alten Sinne, um in Richtung einer zentralisierten IT-Infrastruktur zu kommen. Eines der Dinge, die aber gerade jetzt in diesem Kontext auffallend sind, wird damit ja nicht behoben, wenn ich das richtig weiß, nämlich dass nach wie vor die datenverantwortende Stelle die einliefernde Stelle bleibt. Nehmen wir also beispielsweise irgendein LKA in dieser schönen Republik, das ein Datum einliefert. Das bleibt auch weiterhin für die Richtigkeit verantwortlich. Praktisch prüfen tut das im BKA an der Stelle dann auch keiner, wenn ich das richtig verstanden habe. Auch bei der Datenschutzaufsicht ist es ja so, dass weiterhin entsprechend eben nicht zum Beispiel die Bundesdatenschutzbeauftragte zuständig bleibt, sondern die Landesdatenschutzbeauftragten bei der jeweils einliefernden Stelle zuständig bleiben. Da frage ich mich ein bisschen: Wo ist denn dann das, was Sie da an Verbesserungen beim Datenschutz so richtig ausmachen können? Sie hatten ja eben vorgetragen, dass es dort Verbesserungen geben könnte.

Plate: Ich habe das ja zum Teil schon skizziert. Es geht unter anderem darum, dass es nur eine einmalige Speicherung von Personendatensätzen geben wird, was jetzt nicht der Fall ist. Zum anderen ist es so, dass ich zwar – das gilt weiterhin – sage, dass der Minister an dem Problem der Datenqualität schon länger dran ist – ich habe das Projekt „Polizei 2020“ genannt -, dass ich aber gesagt habe: Der Bundesinnenminister hat eine gründliche Aufarbeitung angeordnet. Daraus folgt: Wir haben bereits wichtige Lösungsansätze, die ich genannt habe, um dem Problem oder der Herausforderung der Datenqualität und der Verbesserung der Datenqualität näherzukommen. Aber es ist durchaus möglich, dass sich im Rahmen der Aufarbeitung herausstellt, dass das allein noch nicht ganz ausreichend sein wird, dass noch mehr hinzukommen muss.

Richtig dargestellt haben Sie natürlich das mit den verschiedenen Datenbesitzern, die weiterhin Verantwortung tragen, und mit der zersplitterten Datenschutzaufsicht, die nach geltendem Recht sozusagen jeweils im Land des Datenbesitzers erfolgen muss. All das ist richtig. Aber allein dass man sozusagen schon einen guten Ansatz gefunden hat, um Teile des Problems zu lösen, heißt natürlich nie – das ist, ehrlich gesagt, bei Politik und bei der Entwicklung von Recht immer so -, dass das auf jeden Fall schon alles gewesen sein muss. Wenn also bei der Aufarbeitung herauskommen wird, dass noch mehr getan werden muss und dass möglicherweise eine einheitliche Zulieferung und eine Beseitigung der zersplitterten Aufsicht sichergestellt werden muss, dann können das natürlich Rechtsetzungsvorschläge sein. Aber dafür, all das hier definitiv anzukündigen, ist es jetzt zu früh, gerade weil die Aufarbeitung eben noch läuft.

Zusatzfrage : An das Justizministerium: Herr Maas selbst hat sich ja heute auch dazu geäußert, dass Aufklärung dringend notwendig sei. Wenn man sich das anhört, was Herr Plate vorträgt, stellt sich natürlich schon die Frage: Wenn eben der ganze Bereich der Gerichtsbarkeit mit seinen digitalen Zulieferungen, die dort notwendig wären, an dieser Stelle bislang nicht funktioniert hat, woran liegt das denn? Müsste man dann nicht konsequenterweise sagen „Dann dürfen solche Ermittlungsverfahren gar nicht erst aktenkundig gemacht werden“?

Baer-Henney: Vielen Dank für die Frage. Letzteres würde ich jetzt nicht unterschreiben, dass die Ermittlungsverfahren nicht aktenkundig gemacht werden dürfen. Es besteht ja eine gesetzliche Pflicht zum Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden, wenn sie Anhaltspunkte für eine Straftat haben, und die können auch erfasst werden.

Die Frage ist tatsächlich, wie sie ja auch Herr Plate aufgeworfen hat, diese Weiterleitung eventueller Freisprüche oder Verfahrenseinstellungen an die Polizeien durch die Staatsanwaltschaften. Da sieht § 482 Absatz 2 der Strafprozessordnung bereits eine entsprechende Regelung vor, nämlich dass so eine Meldung zu erfolgen hat. Soweit das nicht immer erfolgt ist – dafür, dass es Probleme dabei gab, dass das schnell genug zurückgemeldet worden ist, gibt es Anhaltspunkte -, sind wir mit der Einführung der elektronischen Akte – die ist ja dieses Jahr im Mai vom Deutschen Bundestag beschlossen worden – am Werk, dass das automatisiert erfolgen soll. Die wird ja auch pilotiert. Die beinhaltet ein automatisiertes Mitteilungsverfahren. Davon erhofft man sich, dass das eben zur Behebung dieser eventuellen Missstände führt, die ich jetzt hier nicht in Zahlen belegen kann, weil das auch in erster Linie in den Ländern erfolgt. Aber wir sind da wachsam, dass das halt zur Behebung dieser eventuellen Probleme führt.

Plate: Ich will jetzt gar nichts hinsichtlich des Themas, das bei Frau Baer-Henney gelandet ist, ergänzen, sondern hinsichtlich dieses siebenundzwanzigfachen Verhältnisses, weil ich gerade eine Zulieferung bekommen habe, aus der sich ergibt: Die Einträge in der Datei INPOL-Fall mit mehr als 1 Million Einträgen, die Sie erwähnt haben, sind nicht nur Personeneinträge, sondern darin sind auch Sachen – Kfz, Telefonnummern und alles zum Ereignis – gespeichert. Das heißt, Sie können diese Zahlen, die Sie gerade genannt haben, gar nicht in ein sinnvolles Verhältnis setzen.

Zusatzfrage : Wie viele Personen sind denn drin?

Zuruf: Über 10 000!

Frage: Herr Plate, ich würde gerne noch ein bisschen auf den Gesamtzusammenhang schauen. Ihr Minister hat ja nach dem Entzug der Akkreditierungen wie mehrere andere auch davon gesprochen, dass möglicherweise schwere Straftaten gedroht hätten und dass es Hinweise auf schwere Straftaten vonseiten der Kollegen gab, denen man die Akkreditierung entzogen hat. Jetzt scheint es so: Vier sind schon einmal ganz raus; da hat es richtige Fehler gegeben.

Verstehe ich es richtig, dass bei den fünf anderen, die davon betroffen waren, sozusagen nur der Verdacht bestand, dass die schwere Straftaten begehen könnten, und zwar aufgrund von fehlerhaften Akten, oder bleiben Sie bei der Aussage, dass es bei einem von den neun nach jetziger Überprüfung belastbare Hinweise darauf gab, dass er entweder dem linksextremen, gewaltbereiten Spektrum oder Ähnlichem angehört, oder ist das alles jetzt letztlich mittlerweile in sich zusammengefallen, und wir reden nur noch darüber, was gespeichert wurde und was nicht?

Plate: Um vielleicht mit Letzterem zu beginnen, also damit, was gespeichert wurde und was nicht: Darüber reden jetzt natürlich nicht nur wir, sondern das Interesse, darüber zu sprechen, ist ja auch sehr stark von Ihnen gekommen. Das finde ich auch absolut legitim, und deswegen antworte ich gerne.

Hinsichtlich der anderen Frage, ob es weiterhin so ist, dass es einen bestimmten Personenkreis gab, bei dem es erhebliche Verdachtsmomente gab, dass Sicherheitsrisiken bestehen, ist die Antwort ganz klar Ja. Ich hatte ja gesagt: Es ist so, dass man nach bisheriger und jetziger Bewertung bei vier beziehungsweise möglicherweise fünf Personen am Ende dazu kommen wird, dass ein Entzug zu Unrecht erfolgt ist. Das ist das Bild, das sich ergibt, nachdem alle Fälle – natürlich noch nicht alle in der gleichen Tiefe, aber grundsätzlich alle Fälle – grundsätzlich angeschaut worden sind.

Zusatz: Wir haben ja hier schon oft darüber geredet. Da wurde sowohl von Herrn Seibert als auch von Ihnen oder einem Ihrer Kollegen immer wieder ausgeführt, das, nämlich einerseits das Sicherheitsinteresse des Gipfels und auf der anderen Seite die Pressefreiheit, sei eine sehr schwierige Abwägung gewesen. Das habe ich immer so verstanden, dass man diese Fälle natürlich, bevor man sich für den Entzug entschieden hat, auch sehr genau geprüft hat. Nun würde so eine Prüfung ja einschließen, dass man zum Beispiel bei den hinweisgebenden Stellen einmal nachfragt, was denn nun eigentlich aus dem Verfahren geworden ist. Das ist aber offenbar nicht passiert, sondern man hat diese Daten, die es in diesen Auszügen aus den Dateien gab, einfach so genommen, wie sie waren, und hat das auch nicht angezweifelt. Dieser Zweifel kommt also sozusagen erst jetzt auf, wo man feststellt „Dieses hätte man streichen müssen, jenes hätte man streichen müssen“.

Plate: Ich kann jetzt, ehrlich gesagt, nicht auf die Details der Zulieferungen eingehen, die dem BKA vorgelegen haben. Das sind, ehrlich gesagt, alles sicherheitsempfindliche Informationen und Verschlusssacheninformationen. Ich kann jetzt auch, ehrlich gesagt, einfach schlicht aus meinem mir konkret vorliegenden Wissen nicht für jeden Einzelfall sagen, welche Detailschritte und welche Abklärung die Person, die letztlich den Vorschlag unterbreitet hat, die Akkreditierung zu entziehen, im Einzelnen unternommen hat. Das kann ich Ihnen, ehrlich gesagt, aus dem Stand heraus nicht sagen. Ich weiß aber, dass eine sehr sorgfältige Abwägung stattgefunden hat.

Ich kann auch sagen: Die Entscheidung hat sich ja, und das habe ich hier schon mehrfach vorgetragen, auch daraus ergeben, dass sich nach Einschätzung des BKA auf dem Gipfel selbst eine Zuspitzung der Sicherheitslage ergeben hatte. In der Kürze der in der konkreten Gipfelsituation zur Verfügung stehenden Zeit kann man bei der Vielzahl von Einträgen, die es, ehrlich gesagt, insgesamt zu dem Personenkreis gab – ob richtig oder nicht -, nicht bei jedem Eintrag der Justiz hinterhertelefonieren und fragen: Hat es da irgendeinen Freispruch gegeben? – Bei der Landesjustiz sind jetzt auch nicht immer, ehrlich gesagt, 24-7-Erreichbarkeiten und dergleichen gewährleistet. Ob ich vielleicht trotzdem mehr herausfinden und Ihnen zur der Frage liefern kann, welche Abklärungsschritte im Einzelnen vorgenommen worden sind, will ich gerne prüfen.

Frage : Herr Plate, wie viele Mitarbeiter im BKA befassen sich aktuell mit Datenschutz?

Plate: Das kann ich Ihnen, ehrlich gesagt, auswendig nicht sagen.

Zusatzfrage : Gibt es da welche?

Plate: Meinen Sie die Frage ernst?

Zusatz : Ja.

Plate: Ja.

Zusatzfrage : Wie viele? Können Sie das nachreichen?

Plate: Dazu habe ich alles gesagt. Ich kann es Ihnen auswendig nicht sagen. Ich kann gerne versuchen, Ihnen das nachzureichen.

Frage: Herr Plate, wenn bei vier beziehungsweise möglicherweise fünf von 32 Fällen aus heutiger Sicht, so sagten Sie, der Akkreditierungsentzug sicher falsch gewesen ist, bei wie vielen der übrigen 27 oder 28 war dann mit der gleichen Klarheit aus heutiger Sicht der Akkreditierungsentzug sicher richtig?

Plate: In solchen Kategorien denke ich, ehrlich gesagt, nicht. Ich kann Ihnen erst einmal die mitteilen, die sicher falsch waren. Daraus folgt, dass das BKA bei allen anderen Fällen nach derzeitigem Kenntnisstand davon ausgeht, dass die Entscheidung zutreffend war. Es gibt nicht „ein bisschen rechtswidrig“ oder so etwas. Das ist im Recht, ehrlich gesagt, nicht vorgesehen.

Ich schließe natürlich trotzdem nicht aus, dass man bei einzelnen Fälle, bei diesem oder jenem Fall, die im Moment auch vor Gericht liegen, weil die Betroffenen geklagt haben, vor der Justiz darüber streiten wird – vielleicht auch mit unterschiedlichem Ergebnis -, ob das jetzt gerechtfertigt war oder nicht. Aber das kann ich, ehrlich gesagt, nicht vorwegnehmen. Nach derzeitigem Kenntnisstand des BKA, und das ist auch der Kenntnisstand des BMI, ist es so, dass das bei vier und wahrscheinlich fünf Fällen nicht gerechtfertigt war. Daraus folgt: Bei den anderen haben wir im Moment keine Zweifel daran, dass das gerechtfertigt war.

Frage: Herr Plate, Sie haben ja jetzt selbst auch schon eingeräumt, dass es da Fehler und Probleme gibt. Es wurde gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Kollegen wurden an ihrer Berufsausübung gehindert. Sie wurden dem Verdacht ausgesetzt, dass sie Straftaten begangen haben, und damit wurde ihr Ruf geschädigt. Bereut der Minister das eigentlich, oder möchte er sich bei den Kollegen entschuldigen?

Plate: Vielleicht hake ich erst einmal ein, weil Sie sagten, ich hätte „jetzt“ etwas eingeräumt: Das ist schon einmal nicht zutreffend. Ich habe das jetzt erneut eingeräumt, aber es ist hier schon mehrfach gesagt worden, dass es Fehler gab. Auch von dieser Bank aus wurde schon gesagt, dass es aus hiesiger Sicht Entschuldigungen geben muss und zum Teil auch schon gegeben hat.

Eine Rufschädigung kann ich jetzt, ehrlich gesagt, nicht so recht erkennen, weil das BMI in keinem Fall öffentlich gemacht hat, um welche Personen es geht, sondern hier immer ohne Personenbezug ausgekommen ist. Das ist bei Ihnen in den Medien nicht immer so gewesen. Auch die Betroffenen selbst haben zum Teil aktiv und selbst entschieden, Dinge öffentlich zu machen. Ich weiß auch von Fällen, in denen Anwälte von Betroffenen ohne Rücksprache mit den Betroffenen öffentlich gemacht haben, was den Betroffenen geschrieben worden ist. All das ist kein Regierungshandeln. Ich kann das nicht gut finden, aber das sind, ehrlich gesagt, Entscheidungen, die weder im BMI getroffen worden sind noch hier verantwortet werden.

Zusatzfrage: Bereut der Minister das jetzt also und möchte sich entschuldigen?

Plate: Darauf habe ich schon geantwortet. Ich war aber, ehrlich gesagt, ohnehin nicht fertig, weil Sie auch noch etwas anderes gefragt oder in den Raum gestellt hatten, nämlich eine Verletzung der Unschuldsvermutung. Ich weiß nicht, ob Sie Jurist sind, aber das ist, mit Verlaub, Unsinn, weil die Unschuldsvermutung bei der Gefahrenabwehr überhaupt nicht dieselbe Rolle wie bei der Frage spielt, ob repressiv gegen jemanden vorgegangen wird. Das ist keine Frage, die in diesem Themenfeld überhaupt eine unmittelbare Anwendung findet. Dass Sie schon wissen, dass eine Verletzung der Unschuldsvermutung stattgefunden hat, finde ich bemerkenswert. Das kann ich jedenfalls so nicht erkennen. Vielleicht meinen Sie das eher allgemeinsprachlich, aber juristisch ist das Unfug.

Frage : Frau Demmer, wie geht das Bundespresseamt denn jetzt mit den vier, fünf oder wie vielen Fällen auch immer um, in denen Kollegen die Akkreditierung wirklich zu Unrecht entzogen wurde? Werden die informiert? Bekommen die ein Schreiben, in dem steht „Es tut uns leid; die Stelle XY hat uns da Informationen gegeben, die nicht zutreffen“? Wie muss oder darf ich mir das vorstellen?

SRS’in Demmer: Herr Seibert hat hier ja schon zum Ausdruck gebracht, dass wir das natürlich auch sehr bedauern und dass wir uns in den Fällen entschuldigen, in denen uns die Sicherheitsbehörden mitgeteilt haben, dass die Akkreditierung aufgrund von Verwechslungen oder anderen Fehlern fehlerhaft entzogen wurde. Insgesamt haben wir angekündigt, dass wir die Abläufe überprüfen und bewerten. Einen neuen Stand dazu kann ich Ihnen darüber hinaus nicht nennen.

Zusatzfrage : Die bekommen also ein Schreiben, in dem auch darauf hingewiesen wird, welche Stelle hier, mit Verlaub gesagt, Mist gemacht hat?

SRS’in Demmer: Über die Art und Weise, auf die wir uns entschuldigen, kann ich Ihnen hier jetzt keine Auskunft geben.

Frage: Herr Plate, nur für das Protokoll: Der Vorwurf des Unfugs beim Thema der Unschuldsvermutung würde dann ja auch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz treffen. In dem von Ihnen zitierten heutigen Artikel ist ja auch die Datenschutzbeauftragte mit genau diesem Vorwurf, dass hier nämlich eine Umkehrung der Unschuldsvermutung drohe, zitiert worden. Das würde ich einfach gerne noch zu Protokoll geben.

Meine Frage ist aber eine andere. Sie sagen, nach jetzigem Stand gehen Sie davon aus, dass es über die maximal fünf Fälle hinaus keinen Zweifel gibt, dass der Entzug der Akkreditierung sinnvoll und angemessen war. Ich habe heute einen Fall vorgestellt, in dem jemand in den Akten einer schweren, schwerwiegenden Straftat bezichtigt wurde beziehungsweise in dem das, glaube ich, in vier verschiedenen Dateien festgehalten wurde, nämlich der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion. Da bekommt man erst einmal einen Schreck und denkt an Terrorismus. Der Fall ist nach wenigen Tagen oder maximal Wochen, nachdem er mit einem Anfangsverdacht eingetragen wurde, als Irrtum aufgeklärt worden. Es ist sozusagen absolut zweifelsfrei, dass er diese Tat nicht begangen hat. Der ist in diesen fünf Fällen noch nicht enthalten.

Jetzt ist meine Frage: Wenn Sie, also das BKA, jetzt sieben Wochen Zeit hatten, noch einmal zu überprüfen, ob die Datenqualität denn tatsächlich valid war, wie kann so ein offensichtlicher Irrtum als sechster Fall, und ich könnte Ihnen weitere nennen, noch durchrutschen? Würden Sie auch bereit sein, ihn sozusagen nach Überprüfung noch einmal als sechsten Fall hinzuzuzählen?

Plate: Vielen Dank dafür, dass Sie quasi noch einmal all das aufgeführt haben, was Sie in dem Artikel geschrieben haben. Ich kenne den Artikel und habe ihn gelesen; trotzdem Danke.

Dass ich zu dem konkreten Fall, den Sie aufgelistet haben, aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht Stellung nehmen kann, ist, glaube ich, klar. Wie Sie darauf kommen, dass der nicht in den fünf Fällen enthalten ist, die ich vorhin genannt habe, weiß ich, ehrlich gesagt, gar nicht. Gesagt habe ich das jedenfalls nicht. Ich werde dazu auch gar nicht Stellung nehmen, weil es aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes unmöglich ist, dass ich zu dem Einzelfall Stellung nehme. Dafür bitte ich echt um Verständnis. Das kann ich nicht machen. Ich beteilige mich nicht daran, und zwar aus formalen Gründen, aber, ehrlich gesagt auch aus tiefster innerer Überzeugung. Es ist ungehörig, wenn ich in der Öffentlichkeit über solche personenbezogenen Daten spreche, und auch rechtswidrig. Deshalb mache ich es nicht.

Die anderen Fragen sind letztlich Anschlussfragen daran. Ich glaube, dazu kann ich nicht viel sagen.

Was ich vielleicht noch sagen kann – das war zwar, glaube ich, eher eine Feststellung, aber ich fasse es jetzt einmal als Frage auf -, ist: Die Rechtsauffassung der Bundesdatenschutzbeauftragten, sollte sie sich in der Tat so geäußert haben, teile ich nicht.

Zusatzfrage: Ich stelle die Frage noch einmal abstrakter. Wenn Sie sagen, es gebe keine Zweifel daran, dass die übrigen 27 zu Recht diesen Bescheid bekommen haben und ausgeschlossen wurden, was macht Sie dann so sicher, wenn jetzt ständig neue begründete Zweifel auftauchen?

Plate: In diesem Gesamtthemenkomplex spielt ja, ehrlich gesagt, das unvollständige oder auch nicht richtige Zitieren von regierungsamtlichen Äußerungen eine große Rolle. Ich habe gar nicht gesagt „Ich habe keine Zweifel“, sondern ich habe gesagt: Nach bisheriger Erkenntnislage liegen mir keine Zweifel daran vor. Es ist auch so, dass ich gesagt habe, dass die Fälle alle angeschaut worden sind, aber bislang noch in unterschiedlicher Tiefe, was auch damit zu tun hat, dass das Anschauen insbesondere andere Akteure und Abfragen bei anderen Akteuren involviert und, ehrlich gesagt, natürlich deren Antworten – belastbare Antworten – voraussetzt.

Vor diesem Hintergrund habe ich bislang nach derzeitiger Erkenntnislage keine Zweifel. Ich habe nicht gesagt, ich könnte apodiktisch ausschließen, dass in der Zukunft noch Zweifel aufkommen. Das habe ich wirklich absolut nicht gesagt. Falls das unklar gewesen sein sollte, ist es jetzt, hoffe ich, klar.

Frage : Frau Demmer, ich habe versucht, es gerade noch einmal in den Protokollen nachzuvollziehen. Vielleicht ist es auch aber einfach nie gesagt worden. Ich wollte ganz gerne einfach einmal wissen: Wie viel Zeit ist denn eigentlich vergangen, seitdem man damals an Herrn Seibert herangetreten ist, und seiner Entscheidung „Ja, nach dieser Liste entziehen wir jetzt die Akkreditierung“? Wie viel Zeit ist dazwischen vergangen?

SRS’in Demmer: Das verstehe ich nicht. Welche beiden Punkte, welcher Zeitraum?

Zusatzfrage : Zwischen „Man ist an Herrn Seibert herangetreten und hat gesagt: Wir haben hier Bedenken bei folgender Liste“ und seiner Entscheidung.

SRS’in Demmer: Das muss ich Ihnen auch nachreichen. Das sind ja dann Stunden.

Zuruf : Das weiß ich ja nicht. Das möchte ich ja gerne wissen.

SRS’in Demmer: Das reichen wir nach.

 

(Foto: Polizisten vor der Hamburger Elbphilharmonie am 8. Juli – Thorsten Schröder unter CC-BY-Lizenz)

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Thomas Wiegold
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