Mit dem bayerischen Bekennerschreiben ist zwar die Spannung ein bisschen weg, aber zur Dokumentation ist vielleicht doch interessant, was der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, und Sprecher Markus Beyer vom Bundesinnenministerium heute in der Bundespressekonferenz in Berlin zum vom CCC aufgespürten Trojaner zu sagen hatten:
FRAGE : Herr Seibert, hat die Bundesregierung mittlerweile Kenntnis darüber, ob es einen geknackten Bundestrojaner gibt? Das Innenministerium hat ja nur erklärt, dass für den Bereich des Bundeskriminalamtes so etwas auszuschließen ist. Hat man sich also in den letzten zwei Tagen genügend Informationen geholt, um dies für den Bund auf welcher Ebene auch immer auszuschließen?
Fühlt sich die Bundesregierung bemüßigt, schnell und zügig aufzuklären, ob es geknackte, wackelige Landestrojaner, zum Beispiel in Bayern oder in Rheinland-Pfalz, gibt? Oder sagt man, dass das grundsätzlich Ländersache ist und der Bund damit grundsätzlich nichts zu tun hat?
STS SEIBERT: Für Detailauskünfte würde ich gerne an den Sprecher des Innenministeriums verweisen.
Ich will allgemein für die Bundesregierung und für die Bundeskanzlerin sagen, dass die Bundesregierung natürlich ganz grundsätzlich auf der Basis von Recht und Gesetz arbeitet, das heißt auch auf der Basis der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Bundesregierung schätzt und verteidigt das Recht auf Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger auch in der digitalen Welt.
Die Berichte dieses Wochenendes über Nachforschungen des Chaos Computer Clubs nehmen wir sehr ernst. Es soll auf allen Bundesebenen zügig und gründlich untersucht werden, ob dieser Trojaner durch Stellen des Bundes zum Einsatz gekommen ist. Es ist wichtig, dass auch die Länder eine solche Untersuchung durchführen. Die Bundeskanzlerin wird sich über die Ergebnisse dieser Untersuchung auf dem Laufenden halten.
BEYER: Ich kann dazu etwas sagen, obwohl ich nicht direkt befragt wurde.
ZURUF: Doch. Ich dachte, Sie hätten sich abgesprochen und wegen der Bedeutung des Themas würde der Staatssekretär dazu etwas sagen.
STS SEIBERT: Ich finde, die Themen werden nicht weniger bedeutend, wenn sie von den Ministeriumssprechern besprochen werden.
BEYER: Es ist ja so, dass immer derjenige antwortet, der von Ihnen gefragt ist.
Anknüpfend an Ihre Frage zum neuesten Stand: Sie sprachen von zwei Tagen. (Die ersten Meldungen kamen) am Sonntag auf. Heute ist Montag, also der erste Arbeitstag. Das bedeutet nicht, dass wir gestern nicht gearbeitet, haben, wir haben sogar sehr viel gearbeitet, aber heute ist der erste Tag nach der Veröffentlichung der von Ihnen zitierten Berichte.
Nach der bisherigen Prüfung bei den Bundessicherheitsbehörden, die eingesetzt hat und die vom Bundesinnenministerium eingeleitet worden ist, können wir sagen, dass es sich nicht um einen Bundestrojaner handelt. Es ist nach unserer Erkenntnis so, dass die vom Chaos Computer Club veröffentlichte Software eine etwa drei Jahre alte Softwareversion ist, die nach unserer bisherigen Erkenntnis von den Sicherheitsbehörden nicht eingesetzt worden ist, die zum Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums zählen.
Zu Ihrer zweiten Frage, ob es sich im Gegensatz um einen in Anführungsstrichen Landestrojaner handeln könnte – gestern geisterte in der Berichterstattung schon dieser Begriff herum – so ist das eine Sache, die eine weitere Prüfung erforderlich macht. Wir haben über unsere Dienststellen jedenfalls dazu Gespräche aufgenommen und die Länder gebeten, das jeweils für ihren Bereich zu prüfen.
Für uns ist klar, dass wir, wie der Regierungssprecher eben schon ausführte, auf gesetzlicher Grundlage arbeiten und dabei die Rechtssprechung beachten. Für uns ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass jeweils der Bund, aber auch die Länder für ihren Bereich, für ihre Justiz- und Sicherheitsbehörden eigenständig für die Einhaltung der rechtlichen und gesetzlichen Grundlagen verantwortlich sind.
ZUSATZFRAGE: Herr Beyer, haben Sie eine Erklärung dafür, dass für den Bund diese Auskunft schon gestern sehr zügig zu erfahren war, dass dieser Bundestrojaner auf Bundesebene BKA nicht eingesetzt wurde und auch Frau Leutheusser-Schnarrenberger sich sozusagen subito geäußert hat, Sie aber durch die Kontakte aus den Ländern derzeit noch nicht zu dieser Aussage in der Lage sind. Gibt es dafür eine vernünftige und plausible Erklärung, dass man für den Bund so zügig und schnell sagen kann, dass diese Software nicht eingesetzt wurde und man das für die Länder nicht so zügig sagen kann? Wieso kann man das jetzt noch nicht feststellen? Wie lange wird das dauern?
BEYER: Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange das dauern wird. Das liegt nicht in unserer Entscheidungs- oder Befugnishoheit, um es einmal so formal auszudrücken. Wie ich schon sagte, handeln die Länder eigenverantwortlich und sind selber zuständig, so beispielsweise die Landespolizeibehörden oder die Landesämter für Verfassungsschutz, sofern es dafür gesetzliche Befugnisse in Landesgesetzen gibt.
Es gab gestern einige Anfragen von Ihren Kollegen. Wir haben uns natürlich bemüht, das zügig aufzuklären, obwohl Sonntag war. Deswegen können wir als Ergebnis der ersten Prüfung zumindest für die Sicherheitsbehörden, die zu unserem Geschäftsbereich gehören Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundespolizei, Bundeskriminalamt , die Aussage machen, dass der vom CCC vorgestellte und veröffentlichte Trojaner nicht zum Einsatz gekommen ist und nicht verwendet wird.
Bezüglich der Frage zu den Ländern würde ich Sie bitten, dort nachzufragen. Es entzieht sich meiner Kenntnis, weil ich beispielsweise nicht weiß, ob Sie oder Ihre Kollegen schon bei den Landesbehörden angefragt haben.
FRAGE: Ich habe in dem Zusammenhang eine Haushaltsfrage. Ist es richtig, dass für die Entwicklung und Konzeption eines Bundestrojaners in den letzten Jahren Mittel in den Bundeshaushalt eingestellt wurden? Wenn ja, wie hoch waren diese Mittel? Sind diese Mittel abgerufen worden? Welche Bundestrojaner sind je entwickelt worden?
BEYER: Es ist so, dass unsere Sicherheitsbehörden natürlich einen Etat haben. Aus diesem Etat bestreiten sie jeweils auch die notwendigen Ausgaben für die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben. Das sind Personalkosten. Das sind Sachmittel. Das sind auch Mittel für Technik und IT-Infrastruktur. Das würde in dem Fall mit einfließen. Ich bitte um Nachsicht, dass ich jetzt keine Haushaltszahlen im Kopf habe. Es gibt in den Polizei- bzw. Sicherheitsbehörden selbstverständlich jeweils Etatposten für diesen Bereich.
ZUSATZFRAGE: Können Sie die Zahlen im Laufe des Tages nachliefern? Es ist interessant, zu wissen, wie viele Gelder dafür eingeplant worden sind und in welchen Jahren sie ausgegeben worden sind.
BEYER: Da hilft wahrscheinlich auch ein Blick in den Einzelplan 06. Ich kann das aber gerne noch einmal erfragen.
FRAGE: Herr Beyer, Sie sagen, dass diese Software nicht als Bundestrojaner zum Einsatz gekommen ist. Können Sie mir sagen, warum die Software nicht zum Einsatz gekommen ist und ob andere Modelle entwickelt wurden, die zum Einsatz gekommen sind? Wenn ja, worin unterscheiden sie sich?
BEYER: Das ist etwas schwierig. Diese Erklärungsansätze müssten eigentlich von denjenigen kommen, die das veröffentlicht haben oder die sagen, sie hätten diese Software geknackt, ausgewertet und veröffentlicht. Das ist von unserer Seite nicht komplett beantwortbar.
Was unsere Experten, die sich damit beschäftigt haben, nach erster Prüfung sagen können, ist, dass diese Software offenbar frei erhältlich ist. Es gibt Firmen, es gibt Unternehmen das ist Ihnen wahrscheinlich auch bekannt , die solcherlei Softwareprodukte für Private, für Unternehmen und auch für staatliche Stellen im internationalen Bereich anbieten. Jetzt muss man einmal die Frage stellen, ob überhaupt eine Sicherheitsbehörde oder ob eine Behörde diese am Wochenende veröffentlichte Software, diesen Trojaner, benutzt oder angewandt hat. Diese Frage müsste man in diesem Fall an den Chaos Computer Club zurückgeben. Das wäre sozusagen auch Teil der Aufklärung der Fragen, die sich da stellen.
ZUSATZFRAGE: Entschuldigen Sie, vielleicht habe ich Sie nicht richtig verstanden, oder Sie mich nicht vielleicht versuchen wir es noch einmal. Sie haben bislang gesagt, dass diese Software nicht von Bundesbehörden eingesetzt wurde. Meine Annahme war, dass diese Software bei Ihnen auch in der Entwicklung befindlich war und Sie sie aus bestimmten Gründen aussortiert haben. Ist diese Annahme zutreffend?
BEYER: Ich kann jetzt keine Aussagen für jede einzelne Sicherheitsbehörde machen, welche Software sie in der Entwicklung oder in der Prüfung hatte. Für unsere Sicherheitsbehörden ist natürlich entscheidend, dass ein Programm oder eine Softwarelösung die Kriterien erfüllt, die an sie gesetzt werden. Dazu gehören nicht nur die Erfordernisse der Ermittler, beispielsweise bei der Aufdeckung von schweren Straftaten oder bei der Verhinderung von terroristischen Anschlägen. Ich möchte auch noch einmal daran erinnern, um was es hier geht und von welchen eng begrenzten Einsatzbereichen man hier spricht. Es geht natürlich darum, dass die Sicherheitsbehörden die Rechtsprechung beachten und dass nur solche Programme verwendet werden und zum Einsatz kommen, die auch die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Das ist für uns selbstverständlich. Danach wird auch gearbeitet.
ZUSATZFRAGE: Herr Beyer, habe ich Sie richtig verstanden: Sie können nicht ausschließen, dass diese Software von Bundesbehörden oder im Auftrag von Bundesbehörden entwickelt wurde, Sie schließen nur aus, dass Sie zum Einsatz gekommen ist?
BEYER: Doch, das kann ich; das habe ich ja in meiner Eingangsbemerkung gemacht. Die vom Chaos Computer Club untersuchte Software ist von Bundessicherheitsbehörden in unserem Geschäftsbereich nicht eingesetzt worden. Das ist das Ergebnis der ersten Prüfung und dessen, was wir zum jetzigen Zeitpunkt sagen können.
FRAGE: Der Kollege hat ja auch gefragt, ob die Software im Auftrag von Bundesbehörden entwickelt worden ist. Sie haben gesagt, sie sei von Bundesbehörden nicht eingesetzt worden. Können Sie ausschließen, dass diese Software seitens des Bundes entwickelt worden ist?
Zweite Frage: Wie kommen Sie auf die drei Jahre? Vor ziemlich genau drei Jahren gab es ja das Bundesverfassungsgerichtsurteil, in dem gewisse Dinge vorgegeben wurden. Nun hat diese Software ja wenn wir einmal unterstellen, dass der Chaos Computer Club ordentlich gearbeitet hat Bestandteile, die sie nach rechtlichen Bedingungen nicht haben dürfte. Hat das bei Ihnen dann zu der Schlussfolgerung geführt: „Naja, dann muss das vorher entstanden sein, weil wir grundsätzlich nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen“?
Dritte Frage: Sie haben gesagt, diese Software sei von Privatfirmen frei erhältlich. Haben Sie denn Hinweise, dass diese untersuchte Software von Privatfirmen stammt, oder können Sie irgendetwas darüber sagen? Falls ja: Ist es denn erlaubt, dass so etwas vertrieben wird, wenn es gar nicht eingesetzt werden darf?
BEYER: Um mit der letzten Frage anzufangen: Meines Wissens sprechen wir ja über Anbieter im internationalen Bereich. Das ist dann also auch außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes, um es einmal so auszudrücken. Unseren Bundesbehörden, die sich ja schon seit einigen Jahren mit der Technik auseinandersetzen, ist natürlich bekannt, dass von unterschiedlichen Unternehmen auch sogenannte Spionagesoftware oder Trojanersoftware angeboten wird. Dieses Angebot davon gehen wir jedenfalls aus richtet sich nicht nur an staatliche Stellen, also an Regierungen oder an Behörden, sondern da denkt man auch an private oder gewerbliche Zwecke. Das ist ja Sache der gesetzlichen Grundlagen in dem jeweiligen Staat. Darüber, ob und inwiefern das dann zum Einsatz kommt, kann ich hier natürlich keine Angaben machen. Für unseren Bereich kann ich nur darauf hinweisen, dass der am Wochenende veröffentlichte und untersuchte Trojaner eben nicht von unseren Behörden eingesetzt worden ist.
ZUSATZFRAGE: Und entwickelt?
BEYER: Daran wollte ich anknüpfen: Die Tatsache, dass die Auseinandersetzung mit der Technik und auch mit angebotenen Produkten natürlich laufend stattfindet und auch in der Vergangenheit stattgefunden hat, schließt für mich selbstverständlich mit ein, ich kann das jetzt nicht im Detail für bestimmte Programme oder für bestimmte Anbieter sagen, aber ich gehe davon aus , dass sich die Behörden damit auch beschäftigt haben und auch schauen, welchen Anforderungen ein bestimmtes Produkt entspricht und ob es auch die gesetzlichen, insbesondere die gesetzgeberischen und die Anforderungen, die sich aus der Rechtsprechung ergeben, erfüllt. Davon gehe ich auf jeden Fall aus. Vielleicht beantwortet das Ihre Frage.
ZUSATZFRAGE: Meine Frage war ja, ob die Tatsache, dass Sie so dezidiert sagen „Diese Software ist mindestens drei Jahre alt“, auf das Verfassungsgerichtsurteil zurückzuführen ist, oder ob es technische Veränderungen, Errungenschaften oder Programmierungsschritte gibt, an denen der Experte der ich absolut nicht bin sofort sieht: „Naja, das Ding muss mindestens aus dem Jahre 2007 oder 2008 sein“? Ist das also eher eine rechtliche Ableitung, oder können Ihre Experten auf den Quellcode der ja dankenswerter Weise in ganzer Länge abgedruckt ist gucken und sagen: „Das Ding ist alt“?
BEYER: In der Kürze der Zeit bis zur Regierungspressekonferenz hatte ich nicht Gelegenheit, jedes technische Detail abzuklopfen. Das, was ich Ihnen eben mitteilen konnte, ist zumindest das Ergebnis unserer bisherigen Prüfungen. Dabei muss ich es jetzt erst einmal bewenden lassen.
ZUSATZFRAGE: Aber Sie haben immer noch nicht beantwortet, ob dieses Programm, das jetzt wunderbarerweise veröffentlicht ist, von Bundesbehörden entwickelt worden ist. Das können Sie zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht, habe ich Sie da richtig verstanden? Sie haben nur gesagt, es sei nicht eingesetzt worden, aber nicht, ob es entwickelt worden ist.
BEYER: Das ist ja das Entscheidende; denn der Vorwurf, der nun am Wochenende laut wurde, richtete sich ja nicht gegen die Bundessicherheitsbehörden
ZUSATZFRAGE : Wir müssen ja nicht noch einmal das Wochenende verhackstücken. Die Frage ist…
BEYER: Ich möchte ja darauf antworten, was für uns jetzt sozusagen an Fragen auf dem Tisch lag. Da geht es ja um die Frage: Ist ein derart beschriebener Trojaner bei den Sicherheitsbehörden zum Einsatz gekommen? Diese Frage stand ja spätestens seit gestern im Raum.
ZUSATZFRAGE: Und heute liegt jetzt die Frage im Raum, ob es von Ihnen entwickelt worden ist.
Letzte Frage, einfach eine Lernfrage : Ist es so, dass jede Landespolizeibehörde ihre eigenen Programme entwickelt, oder gibt es da eine Dienstleistungsgeschichte, sodass man sagt: „Das macht alles das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie, und es ist dann Dienstleister für die Länder“? Kann es also sein, dass man ein Programm entwickelt hat, das man den Ländern dann zur Verfügung stellt, oder basteln da der Mainzer und der Münchener Programmierer unabhängig voneinander? Wie hat man sich das vorzustellen?
BEYER: Das müssen Sie sich so vorstellen, dass jedes Bundesland, wie ich schon sagte, auf der jeweiligen gesetzlichen Grundlage für seine Sicherheitsbehörden eigenständig verantwortlich ist und dass technische Lösungen dort auch jeweils selber entwickelt werden. Von einer wie von Ihnen geschilderten Art Dachbehörde oder Stelle, die das zentral entwickelt, ist mir jedenfalls nichts bekannt. Das machen vielmehr jeweils die Bundes- und Länderbehörden für sich.
FRAGE: Erst einmal noch eine Verständnisfrage: Ist diese Software zwei oder drei Jahre alt? Ich habe zwei Jahre verstanden, andere drei.
BEYER: Entschuldigung: Drei. Circa drei Jahre ist mein Stand.
ZUSATZFRAGE : Dann möchte ich noch einmal bei der Frage einhaken: Wenn Sie sagen, dies sei eine Software, die ausländische Anbieter vertreiben, dann ergibt sich daraus aus meiner Sicht logisch, dass das keine Entwicklung irgendwelcher Bundesbehörden ist. Warum tun Sie sich also so schwer zu sagen: „Nein, das haben wir nicht entwickelt“?
Dritte Frage: Haben Sie denn, wenn schon alle Landesbehörden selbstständig dafür zuständig sind, einen Überblick? Melden die Landesbehörden Ihnen das, oder wurstelt da, etwas salopp formuliert, jeder vor sich hin?
BEYER: Zu Ihrer letzten Frage würde ich gern auf die Antwort an (…) verweisen. Da das jeweils in der Zuständigkeit der Länder liegt, würde ich Sie bitten, diese Frage an die Länder zu richten.
ZUSATZFRAGE: Sie wissen also nicht, welche Länder diese Technik überhaupt nutzen, und wenn ja, in welchem Maße sie sie nutzen das ist alles deren Sache, da haben Sie keinerlei Überblick?
BEYER: Das ergibt sich aus den jeweiligen konkreten Befugnissen der Länder, insofern kann ich darauf von hier aus keine pauschalen Antworten geben.
Zu der Frage nach der Entwicklung. Sie fragten, warum ich das jetzt nicht beantworte : Man muss da eben (im Einzelfall) unterscheiden. (Solche) Programme (mögen zwar) von einem Hersteller kommen, aber sie müssen in ihren genauen Wirkungsweisen natürlich auch adäquat (mit Blick auf die Anforderungen) der jeweils zuständigen Behörde entwickelt oder weiterentwickelt werden. Insofern sind das natürlich Fragen, die sich dann gezielt an die jeweilige Behörde richten; da kann ich, was technische Einzelheiten betrifft, jetzt keine Einzelantworten für die einzelnen Sicherheitsbehörden geben.
ZUSATZFRAGE: Das heißt, ob sich eine Bundesbehörde diese Software gekauft und ein bisschen modifiziert hat, wissen Sie nicht es wäre also denkbar , aber fest steht: Sie hat sie dann wenigstens nicht eingesetzt? So verstehe ich Sie jetzt.
BEYER: Sagen wir es so: Es ist denkbar bzw. es ist manchmal sogar notwendig, denn man muss ja entsprechende gesetzliche Vorgaben einhalten und muss dann jeweils auch schauen, ob das Programm, ob die Software das entsprechende Arbeitsmittel, das man hat auch dazu passt. Man muss das ja teilweise der Rechtsprechung anpassen, damit hat man es immer auch zu tun. Von daher kann man das, glaube ich, auch auf diesem Wege beantworten.
FRAGE: Ich habe noch eine Frage zur Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesbehörden: Ist es Usus, dass diese Trojanerprogramme ausgetauscht werden? Man kann das ja nicht wissen, vielleicht hat ja der Bund die bessere Lösung. Ist es so, dass sie Zugang zu den Erkenntnissen haben, die in den Bundessicherheitsbehörden vorliegen, oder können Sie das ausschließen? Das ist ja eine ganz zentrale Frage bei der Suche nach der Spur.
BEYER: Ob wir Zugang zu den Erkenntnissen unserer Sicherheitsbehörden haben?
ZUSATZFRAGE: Ja, genau, haben Sie Zugriff darauf, haben die Landesbehörden Zugriff darauf?
BEYER: Das möchte ich gerne pauschal mit Ja beantworten. Es gehört, glaube ich, auch zur Dienst- und Fachaufsicht jedes Ministeriums, dass es Zugang zu den Erkenntnissen seiner Behörden hat oder sich den Zugang verschaffen kann. Wenn das Ihre Frage war.
ZUSATZFRAGE: Nein, die Frage war, ob die Landesbehörden Zugang zu den Bundestrojaner-Programmen haben, die in den Bundessicherheitsbehörden entweder entwickelt oder gekauft und modifiziert worden sind. Werden diese Instrumente sozusagen weitergegeben, damit man sich ausgetauscht, vielleicht voneinander lernt oder sagt: „So geht es nicht“? Gibt es einen Austausch, ja oder nein? Das ist eine ganz wichtige Frage bei der Suche nach der Spur.
BEYER: Was die Suche nach der Spur betrifft, ist es so, dass wir über unser Bundeskriminalamt die Länder jetzt abfragen diese Abfrage läuft bereits , um auch von der Seite aus möglichst bald eine Antwort zu bekommen und Klarheit zu bekommen. Es gibt natürlich Gremien, (in denen Bund und Länder zusammenarbeiten). Sie kennen ja das Instrument der Innenministerkonferenz der Länder: ein Ländergremium, an dem auch der Bund teilnimmt und mitwirkt. Diese Innenministerkonferenz bedient sich auch verschiedener Arbeitskreise und Arbeitsgruppen für die Teilbereiche beispielsweise Polizei, beispielsweise Verfassungsschutz. Es gibt insofern natürlich einen steten Austausch, die Innenministerkonferenz ist ja ein stetiges Gremium und bedient sich auch ihrer Arbeitsgruppen und Arbeitskreise, um sich dort über die Fragen, die sich in der Praxis stellen, auszutauschen. Die Frage, die Sie ansprechen, ist ja auch eine Schnittstellenfrage zwischen Bund und Ländern. So stelle ich mir den Weg, der dort zur Verfügung steht, jedenfalls vor. Das ist eines der Instrumente, das Bund und Länder haben, um sich darüber auszutauschen.
FRAGE: Können Sie noch einmal skizzieren, welche Erwartungen das Innenministerium hat, wie schnell die Länder Ihnen nun Rückmeldung geben können, ob Trojaner dieser Art bei ihnen eingesetzt worden sind?
Die zweite Frage: Stellen Sie sich vor, dass dieses Thema dann routinemäßig bei der nächsten Innenministerkonferenz besprochen wird, oder wird man eine Möglichkeit suchen, das vorher aufzuarbeiten?
BEYER: Zu Ihrer ersten Frage: Nein. Wie ich vorhin schon sagte, können wir das nicht prognostizieren, weil es nun einmal in der Zuständigkeit der Länder liegt. Wichtig wäre mir aber, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es jetzt natürlich darum geht, möglichst schnell Klarheit in der Sache zu bekommen, auch vonseiten der Länderbehörden, für die wir jetzt, wie gesagt, nicht sprechen können. Das ist im Übrigen auch die Auffassung des Bundesinnenministers, der sich zurzeit seit gestern, wie Sie wissen zu einer Auslandsreise in Afghanistan aufhält, aber selbstverständlich nicht nur fortlaufend über den Sachstand informiert wird, sondern auch entsprechend die Aufklärung vonseiten der Bundesbehörden gefordert und angefordert hat. Das ist jetzt umgesetzt worden und wird in Bezug auf die Länder noch weiter umgesetzt.
FRAGE: Meine Frage geht in eine ähnliche Richtung: Herr Seibert, ist es denn im Interesse der Bundesregierung, dass das auch von Länderseite rasch aufgeklärt wird? Denn diese Sache ist ja offensichtlich dazu geeignet, das Vertrauen in rechtsstaatliches Handeln von staatlichen Institutionen bzw. Ermittlungsbehörden insgesamt in Zweifel zu ziehen. Geht von der Bundesregierung der Appell an die Länder aus, diese Sache irgendwie zu klären? Ist damit gegebenenfalls auch der Wunsch verbunden, dass sich ein Land vorausgesetzt, es gibt dieses Land , das dieses Ding zum Einsatz gebracht oder entwickelt hat, sich dazu auch bekennt und sagt: „Der ist von uns wir arbeiten da jetzt dran“?
STS SEIBERT: Ich hatte zu Anfang gesagt und das beantwortet eigentlich Ihre Frage , dass die Bundesregierung diese Meldungen doch sehr ernst nimmt. Es ist genau so, wie Sie sagen: Das geht an das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in staatliches Handeln, in die Gesetzmäßigkeit von staatlichem Handeln. Das ist uns extrem wichtig. Deswegen hat der Bund jetzt auf all seinen Ebenen die Überprüfungen begonnen und zum Teil auch schon Ergebnisse zutage gefördert. Deswegen habe ich vorhin gesagt, dass ich der Überzeugung bin, dass die Länder ebenso zügig und ebenso gründlich klären müssen, was los ist und ob irgendetwas vorliegt. Es ist ganz wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen können, dass da, wo staatliche Stellen Software zur Telekommunikationsüberwachung benutzen, das immer in der striktesten Weise nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben und nach den Anordnungen von Gerichten und Staatsanwaltschaften passiert. Das muss gewährleistet sein. Dies muss jetzt ausgeräumt werden.
ZUSATZFRAGE: Vielleicht ist es ja naiv, so zu denken das bezieht sich jetzt auch auf die Aufklärungsbemühungen des Bundesinnenministeriums und seiner nachgeordneten Behörden , aber wenn es Code gibt, der, wie gesagt, in ganzer Länge bekannt ist, und ich selber einen Trojaner im Einsatz oder entwickelt habe, dann ist es vermutlich eine Frage von wenigen Sekunden oder Millisekunden, herauszubekommen, ob sich dieser Code oder Teile dieses Codes in meinem Trojaner finden oder nicht. Es spricht ja auch ein bisschen aus der Diskussion, die wir hier jetzt erleben, dass man nicht richtig verstehen kann, warum das nicht möglich ist zumal der Chaos Computer Club seine Erkenntnisse offensichtlich auch schon vorab den Bundesbehörden zur Verfügung gestellt hat. Hat er nicht?
BEYER: Hat er nicht, nein.
ZUSATZFRAGE: Es ist dennoch schwer zu verstehen, warum das auf Bundes- wie auf Landesebene offensichtlich ein langwieriger Prozess ist.
STS SEIBERT: Ich weiß nicht, ob es ein langwieriger Prozess sein muss. Die Veröffentlichungen waren am Wochenende, wir haben jetzt Montagvormittag. Einiges ist schon in die Wege geleitet. Es ist das Bemühen aller jedenfalls auf Bundesebene , dafür zu sorgen, dass das kein langwieriger Prozess sein möge; denn wir sind überzeugt, dass Vertrauen schnell hergestellt werden muss.
BEYER: Zu Ihrer ersten Frage: Vielleicht ist das vorhin nicht ganz deutlich geworden, aber man muss sich das so vorstellen: Die Software, das Programm, dieser Trojaner, der hier in Rede steht, ist in dem Zeitraum vor rund drei Jahren oder auch später, das können wir von hier aus nicht abschließend beurteilen und beantworten mutmaßlich auch frei erhältlich gewesen. Und wenn so eine Software frei auf dem Markt erhältlich ist und auch international angeboten wird, dann muss man ja auch die Frage stellen, ob sie überhaupt staatlicherseits in einer Sicherheitsbehörde auf welcher Ebene auch immer eingesetzt worden ist. Diese Frage muss man zumindest stellen. Man muss außerdem die Frage stellen, ob an dieser Stelle nicht auch der CCC bei der Aufklärung der Frage mithelfen kann, woher es nun stammt, ob es wirklich zum Einsatz gekommen oder entwickelt worden ist usw. usf. Das sind natürlich die Fragen, die sich dann noch anknüpfen.
Zu dem Teil Ihrer Frage, den ich gerade nur verneint hatte: Es gab in der Tat eine Agenturmeldung, in der behauptet wurde, der Chaos Computer Club hätte das Bundesinnenministerium vorab darüber informiert. Das ist nicht der Fall. Es gab jedenfalls niemanden, der sich als Vertreter des Chaos Computer Clubs bei uns vorher gemeldet und gesagt hätte: Ich übergebe Ihnen jetzt Informationen oder Material. So wurde es in den Medien oder auch von dem Verein ja dargestellt. Dafür gibt es aber keine Hinweise, keine Erkenntnisse. Wir haben das bei uns im Hause auch abgefragt. In dieser Form kann ich das zumindest verneinen.
FRAGE: Da Sie jetzt mehrfach gesagt haben, dass das auf dem freien Markt erhältlich war, haben Sie offenbar aktives Wissen darüber. Auf welchem freien Markt war das erhältlich? Auf dem bundesdeutschen freien Markt oder international? Wollten Sie uns hier sagen, dass es in der Tat möglicherweise so ist, dass deutsche Behörden damit gar nichts zu tun haben, weil irgendjemand anderes mit dieser frei erhältlichen Software gearbeitet hat?
BEYER: Als Kategorie: international. Genauer kann ich das jetzt nicht eingrenzen. Das ist aber die Information, die mir dazu vorliegt. Ihre Schlussfolgerung will ich mir jetzt nicht zu eigen machen, aber die dürfen Sie daraus ziehen.
ZUSATZFRAGE: International lässt sich das noch ein bisschen eingrenzen?
BEYER: Nein, das kann ich nicht weiter eingrenzen.
ZUSATZFRAGE: Also jedenfalls eine nicht deutsche?
BEYER: Ja soviel ich weiß, ja. Zumindest der Markt; ich habe ja nur beschrieben, wie sich da das Marktgefüge darstellt.
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Die Spannung bleibt wohl eher erhalten.
„Die Presse kritisiert den Einsatz von Staatstrojanern in Bayern scharf. Er verstößt nicht nur gegen die Auflagen des Bundesverfassungsgerichts und dringt widerrechtlich in die Privatsphäre der Bürger ein. Er zerstört auch das Vertrauen der Bürger in den Staat und mit ihm damit die Grundlage seiner Existenz.“ (n-tv)
„Der Landshuter Fall war aber nach Angaben der Grünen nicht der einzige: „Das Landeskriminalamt in Bayern hat nachweislich in mindestens fünf Fällen Computer mit Trojanern
ausgeforscht und dabei auch Screenshots angefertigt“, sagte Tausendfreund.(…)“Aufgespielt wurde der Trojaner bei Gelegenheit einer Kontrolle meines Mandanten durch den Zoll auf dem
Münchener Flughafen“, schrieb Schladt – und weiter: „Auch wenn die Maßnahme selbst von bayerischen Behörden kontrolliert wurde, so steht für mich außer Frage, dass Stellen des Bundes – etwa der Zoll bzw. das Zollkriminalamt – im Wege der Amtshilfe beteiligt waren.“ (…) Der Minister betonte aber, dass das LKA nach Einschätzung des Ministeriums beim Einsatz der Trojaner alle rechtlichen Vorgaben eingehalten habe.(Bayrischer Rundfunk)
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Meine Fresse, was der Beyer da vom Stapel lässt ist wirklich der absolute Hammer. Danke fürs sharen.
Ich traue dem Bund in dieser Sache nicht.Schließlich versuchen sie schon lange heraus zu finden, über welche Computer Dateien wie Musik und Filme illegal heruntergeladen werden. Da käme so ein Bundestrojaner zum Ausspionieren genau richtig für die Regierung.
In den USA laufen auch viele Operationen unbemerkt hinterm Rücken der Bürger ab. Würde mich nicht wundern, wenn Merkel & Co sich davon etwas abgeschaut haben. Die Bundesregierung hat ja auch entsprechend viel Geld, mal abgesehen von der Staatsverschuldung, um die besten Hacker und Programmierer bezahlen zu können.
[sorry, edit – hier ist keine Werbeveranstaltung, deshalb ist die URL raus. T.W.]
STS Seibert „…dass die Bundesregierung natürlich ganz grundsätzlich auf der Basis von Recht und Gesetz arbeitet, …“
Juristen wollen, wenn sie mit dem Wort „grundsätzlich“ arbeiten, ausdrücken, dass es durchaus Ausnahmen geben kann. Der juristisch ungebildete Bürger meint dagegen „grundsätzlich = immer“ . Hat sich hier jemand eine Hintertür offen gelassen?
Nicht ins Innenressort fällt Zoll, der beim Schäuble-Ministerium liegt. Diese Unterscheidung zwischen Bundesbehörden und Behörden im „Bereich des Innenministeriums“ war der Regierung gestern ja seeehr wichtig.
Und ohne Mitleid: Das sind keine schönen Momente für Pressesprecher.
Und es wäre spannend die Reaktion des MdB Uhl (von wegen „sei halt nicht zu ändern, dass die Rechtslage gerade nicht zu den „legitimen“ Notwendigkeiten passt…) zu hören, wenn so ein Trojaner mal bei Steuerstrafsachen mit Promi-Beteiligung eingesetzt würde – ob dann immer noch der Zweck die Mittel heilige.
Meine Güte, da hat der Beyer sicherlich das eine oder andere Kleidungsstück durchgeschwitzt. Und wenn man alle Fragen, die nicht beantwortet wurden, so beantwortet, wie es dann wohl wahrscheinlich ist, ergibt sich ja ein sehr klares Bild eigentlich.
Bestimmt. Ich musste jedenfalls laut auflachen, als ich das gelesen habe. Immerhin hat die Bundesregierung monatelang das Urteil oder Weisung des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrecht schön ignoriert. War Deutschland da nicht regierungslos?
http://www.tagesschau.de/inland/verfassungsgericht10.html
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sehe ich genauso, es sticht einem ja foermlich ins auge (oder hirn^^) wo er um den heissen brei herum redet…
Mein Gott, was für ein Geschwurbel. Zeigt mal wieder, wie wichtig die Forderung nach Transparenz ist. Wie sich hier mit Wortklauberei gewunden wird, geht auf keine Kuhhaut. Wo soviel Offenheit simuliert wird, wäre man ehrlich froh, die Fragen würden mit „Kein Kommentar“ beantwortet.
Der Beyer meint also, Burkhard Hirsch hätte das Bundesinnenministerium über die Erkenntnisse und die bevorstehende Veröffentlichung des CCC nicht informiert? Wieso war der dann da?
freestyleschwindeln ohne stottern bringt punkte