Nach den Krawallen in Großbritannien wird dort (und auch anderswo in Europa) die Frage diskutiert, ob in solchen Situationen social networks oder Mobilfunknetze abgeschaltet werden sollten und/oder könnten – um die Organisationsstruktur von Protestaktionen zu stören.
Während im alten Europa noch diskutiert wird, werden in den USA Fakten geschaffen. Am Freitag (Ortszeit) gab die Bay Area Rapid Transit (BART), die das U-Bahn-Netz im Großraum San Francisco betreibt, zu: Am Donnerstag hatte sie das Mobilfunksignal in den U-Bahn-Tunneln abgeschaltet, um Protestaktionen zu verhindern.
BART admits halting cell service to stop protests
Verschiedene Gruppen hatten aufgerufen, Züge zu stoppen, um gegen die tödlichen Schüsse der BART-eigenen Polizei auf einen mit einem Messer bewaffneten Mann am 3. Juli zu protestieren. (Ein bisschen mehr Hintergrund bei, ausgerechnet, Al Jazeera – die mit per Mobilfunk organisierten Protesten in den arabischen Ländern ja einige Erfahrung haben.)
Interessant ist das Vorgehen des Verkehrsunternehmens vor allem, weil es kein Mobilfunkunternehmen ist: BART besitzt die Infrastruktur zur Aussendung des Mobilfunksignals in den U-Bahn-Tunneln und hat dieses Signal einfach nicht mehr weiter verbreitet. Rechtlich also vermutlich eine nicht unkomplizierte Situation. (Und ich frage mich, wem die Antennen in den U-Bahnen deutscher Städte gehören – den Verkehrsbetrieben oder den Mobilfunkunternehmen?)
Soweit ich mich erinnere, werden in Hannover die Tunnel-Mobilfunksender von den Netzbetreibern unterhalten. Wenn man die Standort-Datenbank der Bundesnetzagentur anschaut, konnte man auch Einträge der Art „Hauptbahnhof (Tunnel) – Vodafone“ sehen.
Wenn man diesen – recht aktuellen – Artikel über die Situation in München anschaut:
http://zughalt.de/2011/07/02/mobilfunknetz-in-der-munchner-u-bahn-im-gesamten-stadtgebiet-komplett/
… kommt man zu einem ähnlichen Schluss: Die Antennen und die Zentralstation wurden von den vier Mobilfunk-Netzbetreibern installiert (und bezahlt!) und werden von denen auch betrieben. Allerdings steckt der Teufel vermutlich im Detail der „Mitnutzung der SWM [Stadtwerke München]-Glasfaserkabel“, über die die Tunnel-Antennen angebunden sind. Das ist neben den Verkehrsbetrieben MVG noch ein weiterer Akteur. Und da müßte man die eingeräumten Nutzungsrechte und Service Level Agreements (SLA) zwischen den Mobilnetzbetreibern und den SWM zu kennen, um beurteilen zu können, wer das Tunnel-Funknetz abschalten kann.
Gruß
Helge
Ich denke die Frage ist nicht, wer kann. Die Frage stellte sich im Laufe der Menschheitsgeschcihte nie. Die Frage ist nur, wer tut.
Rechtliche Fragen klären sich später, wenn überhaupt. Daher würde ich eher fragen „Sind die Unternehmen in Europa ebenfalls so drauf das sie alles abschalten was ihnen vor die Bildschirme kommt? Und da zeigt die Erfahrung das es hier zum Glück nciht der Fall ist.
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Da in Berlin das Internet bzw generell der Empfang von o2 in der BVG U-Bahn schlecht bis gar nicht da ist, dafür aber in der S-Bahn, die ja auch unter der Erde fährt und sicher nicht tiefer als die U-Bahn) das Netz super ist, scheint es in der Hand Mobilfunktreiber zu liegen.
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?
Die Berliner U-Bahn samt Anlagen wird von der BVG betrieben. Die S-Bahn von der Deutschen Bahn…
Ich kann Deinem Schluss nicht folgen: Zwei Privatunternehmen, einer hat das Signal, einer nicht… wieso muss es jetzt bei den Netzbetreibern liegen?
Umgekehrt wird doch ein Schuh daraus, oder? Läge es am Netzbetreiber würden wir vermutlich überall und immer Empfang haben…
BTW: Ich als Telekom-Kunde habe auch in der U-Bahn Netzempfang.
Ich hoffe als erstes, dass es bei uns nicht zu einer solchen Situation kommt, in der man sich für solche Maßnahmen überhaupt entscheiden muss.
Es ist schon traurig zu sehen, das diese Netzwerke, die ja für uns alle eine Bereicherung sind, dafür missbraucht werden. Eh wir uns versehen wird das Netz und andere Kommunikationsmöglichkeiten zensiert!!! Beten wir das es nicht so kommt.
wenns helfen wuerde, kriminelle aktionen bzw akteure zu bremsen- gut! ich denke dabei an ereignisse in berlin, hannover, hamburg….wo es natuerlich bei maikrawallen“ linke“ akteure hat eine handysperre wohl nicht okay waere in den augen betroffener berufsbetroffener. im gegensatz zu demos von faschisten des rechten rands oder der islamistenszene- und alle gutmenschen waere begeistert ueber solche sperrungen. ich moechte eine wehrhafte demokratie, die nicht unter dem typ deurschen maentelchen des alles-verstehen muessen alles zu laesst. daher ja zu handynetz-sperrungen, so schwierig der rechtluche und verfassungsgemaesse rahmen auch ist.
@jurgen1964: Wenn es hilf, sollten man auch alle strassen abreissen. die helfen dem kriminellen auch, sich schneller zu bewegen. Oder das selbe mit Autos. Dein Argument kannst du auf jede Entwicklung anwenden.
Schön übrigens, das du schon rechtliche Problemstellungen antizipierst. Die wären in der Tat erheblich. Wer entscheidet, wann es zur Handynetz-Sperrung kommt? Nach welchen Kriterien?
Technik sucht sich nicht aus, wie und wofür sie genutzt wird. Das macht der Mensch. Die Gründe für jede Handlung zu verstehen, ist unser aller gesellschaftliche Aufgabe.
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