Fotografieren, wie früher

In manchen Dingen bin ich ja fürchterlich konservativ. Zum Beispiel beim Fotografieren. Das geht zwar nicht so weit, dass ich auf analogem Bilderspeichern, sprich Film, bestehe – die Vorteile einer digitalen Kamera weiß ich schon zu schätzen. (Nicht zuletzt, dass ich sofort sehe, dass ein Bild nix geworden ist.)

Aber was mich abschreckt: all diese Menschen, die mit ausgestrecktem Arm durch die Gegend laufen. Rund ums Brandenburger Tor trifft man die meisten davon, und am ausgestreckten Arm halten sie eine Digitalkamera. Weil sie nämlich auf das Display hinten auf der Kamera gucken müssen. Was sehr unpraktisch ist, wenn entweder die Sonne scheint (dann sieht man nämlich auf diesem Mini-Bildschirm nicht mehr so viel) oder wenn man, altersbedingt, für den Abstand bis zum Ende des Armes eigentlich seine Lesebrille braucht (so wie ich).

Mit anderen Worten: Ich will einen richtigen Sucher, so zum Durchgucken, wie früher. Und dafür nicht unbedingt eine Spiegelreflexkamera mitschleppen müssen, aber schon eine gewisse Bildqualität haben. Deshalb war ich ja vor zwei Jahren auch recht angetan, als Olympus die erste dieser spiegellosen Mikro-Four-Thirds-Kameras auf den Markt brachte (ich hab‘ sie in einem Video besprochen, und kurz darauf eine gekauft – das war übrigens ein Fehler, weil ein halbes Jahr (!) später ein verbessertes Modell rauskam…).

Jetzt gibt’s erneut ein neues Modell. Und ich fürchte, ich bin für die Olympus-Ingenieure eine echte Enttäuschung.

Olympus E-P-3 mit 12mm/2.0 (rechts) und optischem Sucher von Ricoh. Im Hintergrund die ältere E-P1 mit dem Pancake 17mm/2.8 und dem von Olympus angebotenen optischen Sucher

Da haben die doch so lustige Dinge eingebaut wie den Touch-Screen, auf dem man auch scharfstellen und auslösen kann. Oder verschiedene Art-Filter für schicke Effekte.

Das will ich ja alles nicht. Ich hab diese neue Pen E-P3 mit dem (seeeehr umfangreichen) Einstellungs-Menu quasi verkrüppelt: Touchscreen aus, Display aus, automatisches Anzeigen aufgenommener Bilder aus.

Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass mir die so bewusst eingeschränkte Kamera dann riesengroßen Spaß macht, wenn man das – ebenfalls neue – 12-Millimeter-Objektiv, größte Blende 2,0, auf den Apparat steckt. Und, das hört Olympus vielleicht auch nicht so gerne, einen optischen Sucher für dieses 24-Millimeter-Kleinbild-Äquivalent (den gibt’s nämlich gar nicht von Olympus, deshalb hab ich den von meiner Ricoh genommen).

So. Und dann hat man eine traumhafte Kombination. Unter anderem, weil dieses neue, sehr robuste Objektiv mit einem Handgriff auf manuelles Fokussieren umzustellen ist – und mit der Entfernungs-Skala (noch was wie früher!) einen Bereich einstellt, der für die angepeilte Situation Schärfe garantiert. Zone Focussing heißt so was neudeutsch, und das ist mit den bisherigen Mikro-Four-Thirds-Objektiven bisschen schwieriger, weil es da keinerlei Entfernungs-Skala gibt.

Damit macht es dann Spaß loszugehen und zu fotografieren. Ohne ausgestreckten Arm, ohne nach jedem Bild erst mal nachzuschauen, wie es denn geworden sein könnte (na gut, beim ersten Schuss in einer Situation, um zu gucken, ob die Belichtung ungefähr hinhaut oder ob man nachkorrigieren muss).

Ist ein bisschen wie damals, als es noch Film gab.

Nun kann & konnte man das ja auch schon mit der älteren E-P1. Aber die P3 hat neben den ganzen Spielereien wie dem Touchscreen auch eine gesteigerte Bildqualität. 1600 ISO finde ich bei der P1 nicht sooo doll, bei der P3 durchaus brauchbar. Vor allem aber: wen man sich nicht auf das Zone Focussing verlassen möchte, sondern den Autofocus (der hat ja auch seinen Sinn) benutzt – in der Geschwindigkeit, mit der die Kamera scharf stellt, liegen Welten zwischen den beiden Apparaten. Das hängt sicherlich auch ein wenig mit dem neuen Objektiv zusammen (ganz subjektiv empfunden, stellte die E-P3 mit dem älteren 17mm langsamer scharf als mit dem 12mm-Weitwinkel), vor allem aber ist es offensichtlich die Kamera.

Strich drunter: Die E-P3 ist die Kamera, die ich mir vor zwei Jahren gerne gekauft hätte (die es damals aber eben nicht gab). Ob ich sie mir jetzt kaufen würde? Da denke ich noch eine Weile länger drüber nach. Ich hab‘ ja schon mit der P1 zu schnell zugeschlagen. Und die ist nach den zwei Jahren ja nicht wirklich veraltet 😉 und macht ganz hübsche Bilder…

(Disclosure: Ich habe von Olympus die E-P3 mit dem 12mm-Objektiv für zwölf Tage zum Testen bekommen und heute zurückgeschickt. Die oben dargestellte Meinung ist meine ganz private.)

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Thomas Wiegold
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Eine Antwort zu Fotografieren, wie früher

  1. sd schreibt:

    Manueller Fokus und ein anstaendiger Sucher sind kein bischen altmodisch. Erstens geben ihnen die tollen Bilder recht, egal welche Methode oder Kamera sie verwenden. Zweitens ist das manuelle Fokusieren mit skala schon vor dem Ansetzen der Kamera zu machen und spart viel Zeit (wenn man Entfernungen schaetzen kann). Vermutlich wichtig fuer einen Journalisten der nicht allzuviel aufmerksamkeit darauf lenken will was oder wen genau er gerade fotographiert.

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